Wie man Kindermedikamente nach Alter und Gewicht richtig liest

Wie man Kindermedikamente nach Alter und Gewicht richtig liest

Dez, 22 2025

Warum Kindermedikamente nicht nach Alter allein dosiert werden sollten

Vielleicht haben Sie schon mal gestaunt, als Sie auf der Flasche eines Kinder-Sirups stand: „Für Kinder ab 2 Jahren: 5 mL“. Und dann haben Sie Ihr Kind wiegt 18 kg - viel schwerer als der Durchschnitt für ein 2-Jähriges. Was tun? Die Antwort ist einfach: Gewicht ist wichtiger als Alter. Jedes Jahr landen in den USA allein über 70.000 Kinder wegen falscher Medikamentendosierung in der Notaufnahme. In Deutschland sind die Zahlen ähnlich hoch, nur weniger dokumentiert. Die meisten dieser Fehler passieren, weil Eltern sich nur auf das Alter verlassen - und nicht auf das Gewicht ihres Kindes.

Die FDA und die American Academy of Pediatrics haben das seit Jahren klar festgelegt: Bei Flüssigmedikamenten wie Paracetamol oder Ibuprofen ist die Dosierung nach Körpergewicht die einzige sichere Methode. Ein 3-jähriges Kind mit 14 kg braucht deutlich weniger als ein 3-jähriges Kind mit 22 kg. Aber wenn die Packung nur „2-3 Jahre: 3,75 mL“ sagt, verpassen Sie das. Das ist kein Fehler der Eltern - das ist ein Problem der Etiketten. Und es ist vermeidbar.

Was steht wirklich auf dem Medikamentenetikett?

Ein Kindermedikamentetikett enthält sieben wichtige Teile - und nur drei davon sind wirklich entscheidend für die Sicherheit. Hier ist, was Sie wirklich brauchen:

  • Aktiver Wirkstoff: Z. B. „Paracetamol 160 mg / 5 mL“. Das ist die Grundlage. Alles andere baut darauf auf.
  • Dosierungsanweisungen: Hier steht, wie viel Sie für welches Gewicht oder Alter geben sollen. Achten Sie darauf, ob beide Angaben da sind - Alter UND Gewicht. Wenn nur Alter steht, ist das ein Warnsignal.
  • Konzentration: Das ist der häufigste Fehlerquelle. Früher gab es „Infant Drops“ mit 80 mg / 1 mL und „Children’s Liquid“ mit 160 mg / 5 mL. Heute ist das standardisiert: Fast alle Produkte haben 160 mg / 5 mL. Aber wenn Sie alte Flaschen im Schrank haben, oder von Großeltern ein Medikament bekommen, können Sie sich verrechnen. Prüfen Sie immer die Zahl hinter „mg / mL“.

Die anderen Teile - „Zweck“, „Nebenwirkungen“, „Haltbarkeit“ - sind wichtig, aber nicht für die erste Dosierung entscheidend. Konzentrieren Sie sich auf diese drei Punkte. Alles andere kommt danach.

Wie berechnen Sie die richtige Dosis nach Gewicht?

Die meisten Kindermedikamente folgen diesen Grundregeln:

  • Paracetamol: 10-15 mg pro Kilogramm Körpergewicht, alle 4-6 Stunden. Maximal 75 mg pro kg pro Tag.
  • Ibuprofen: 5-10 mg pro Kilogramm Körpergewicht, alle 6-8 Stunden. Maximal 40 mg pro kg pro Tag.

Beispiel: Ihr Kind wiegt 16 kg. Für Paracetamol: 16 kg × 15 mg = 240 mg pro Dosis. Die Flasche hat 160 mg pro 5 mL. Also: 240 mg ÷ 160 mg = 1,5. 1,5 × 5 mL = 7,5 mL. Das ist Ihre Dosis.

Wenn Sie nicht rechnen wollen: Nutzen Sie die Tabellen auf der Packung. Aber nur, wenn sie Gewichtsangaben haben. Viele Hersteller geben nur Altersgruppen an - das ist unzureichend. Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie den Apotheker. Er hat eine Tabelle mit allen gängigen Dosen und kann Ihnen zeigen, wie viel für Ihr Kind passt.

Und vergessen Sie nicht: 1 kg = 2,2 Pfund. Wenn Ihr Kind 35 Pfund wiegt, dann ist das 35 ÷ 2,2 = 15,9 kg. Runden Sie auf 16 kg - das ist genau genug für die Dosierung.

Was Sie niemals verwenden dürfen: Küchenspoons

Ein Teelöffel ist nicht 5 mL. Ein Esslöffel ist nicht 15 mL. Das ist ein Mythos, der Kinder in Gefahr bringt. Die FDA hat 2019 untersucht: 68 % aller Dosierungsfehler bei Kindern passieren, weil Eltern Küchenspoons benutzen. Ein normaler Teelöffel aus der Küche kann zwischen 3 und 7 mL fassen - das ist ein Unterschied von mehr als 40 %. Bei einem Medikament mit engem Sicherheitsfenster - wie Paracetamol - ist das lebensgefährlich.

Verwenden Sie immer das Messgerät, das mit der Flasche kommt. Das ist meistens eine Spritze oder ein Messlöffel mit klaren Markierungen. Die besten Geräte haben kleine Striche für 0,1 mL - besonders wichtig für Babys. Wenn Sie keine Spritze haben, kaufen Sie eine im Apotheken. Sie kostet weniger als 2 Euro und rettet Leben.

Und so messen Sie richtig: Halten Sie die Spritze auf Augenhöhe. Lesen Sie das Volumen am unteren Rand der Flüssigkeitskurve ab (Meniskus). Wenn Sie von oben schauen, nehmen Sie zu viel. Von unten, zu wenig. Beides ist gefährlich.

Medikamentenregal mit verschiedenen Flaschen, Küchenspoons und Gewichtsangaben in geometrischer Darstellung.

Was tun, wenn das Gewicht unbekannt ist?

Nicht jedes Elternhaus hat eine digitale Waage, die auf 0,1 kg genau wiegt. Und Kinder wiegen sich nicht gerne. Was dann?

Wenn Sie das Gewicht nicht kennen, verwenden Sie die Altersangabe - aber nur als Notlösung. Und dann gehen Sie immer auf die sichere Seite: Nehmen Sie die niedrigere Dosis der Altersgruppe. Ein Kind, das „4-5 Jahre“ ist, bekommt nicht die Dosis für „6-11 Jahre“. Selbst wenn es groß wirkt. Kindermetabolismus ist nicht nur vom Alter, sondern auch von der Körpermasse abhängig. Ein kleiner 5-Jähriger braucht weniger als ein großer.

Und: Bei Kindern unter 2 Jahren - egal wie viel sie wiegen - fragen Sie immer zuerst den Kinderarzt. Ihre Leber und Nieren sind noch nicht voll entwickelt. Das bedeutet: Medikamente bleiben länger im Körper. Eine „normale“ Dosis für einen 18-Monatigen kann für ein 18-Monatiges Baby zu viel sein. Das ist kein Übertriebenes Vorsichtsgefühl - das ist medizinische Realität. Die American Academy of Pediatrics sagt es klar: Kein Medikament ohne Arzt bei Kindern unter 2 Jahren.

Was Sie auf dem Etikett nicht sehen, aber wissen müssen

Einige Abkürzungen tauchen immer wieder auf - und sie sind verheerend, wenn man sie falsch versteht.

  • mL: Milliliter - das ist die Einheit, die zählt. Nie „Teelöffel“ oder „Tropfen“ als Maß.
  • mg: Milligramm - die Menge des Wirkstoffs. Wichtig für die Rechnung.
  • tsp: Teelöffel = 5 mL
  • tbsp: Esslöffel = 15 mL
  • BID: zweimal täglich
  • TID: dreimal täglich
  • PRN: bei Bedarf

Ein häufiger Fehler: „1 tbsp“ wird mit „1 tsp“ verwechselt. Das ist eine Verdreifachung der Dosis. 15 mL statt 5 mL. Bei Paracetamol bedeutet das: 480 mg statt 160 mg - das ist fast die gesamte Tageshöchstdosis für ein Kind mit 10 kg. Das kann Leberschäden verursachen. Die FDA sagt: 15,8 % aller Fehler passieren genau hier.

Wenn Sie unsicher sind: Schreiben Sie die Dosis auf - mit Zahlen und Einheiten. Und zeigen Sie sie dem Apotheker, bevor Sie losgehen. Das kostet 2 Minuten, aber es verhindert einen Krankenhausaufenthalt.

Was tun, wenn Sie sich vertan haben?

Es passiert. Sie geben 8 mL statt 6 mL. Oder Sie geben Ibuprofen, obwohl Paracetamol vorgeschrieben war. Was jetzt?

Nicht panikieren. Aber auch nicht warten. Rufen Sie sofort an.

  • Bei Verdacht auf Überdosierung: Rufen Sie die Toxikologie-Zentrale an (in Deutschland: 0800-1122665).
  • Bei Unsicherheit: Rufen Sie Ihren Kinderarzt oder Apotheker an. Die meisten haben einen Notdienst.
  • Wenn Ihr Kind schläfrig ist, erbricht, blass oder unruhig wirkt: Gehen Sie sofort in die Notaufnahme.

Es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Fast 75 % der Eltern haben schon einmal einen Dosierungsfehler gemacht. Der Unterschied zwischen denen, die Hilfe suchen, und denen, die schweigen, ist der Unterschied zwischen Leben und Tod.

Familie misst Medikament nach Gewicht, gekennzeichnet mit QR-Code und verworfenen Küchenspoons.

Was Sie heute tun können - 5 einfache Schritte

  1. Wiegen Sie Ihr Kind - mindestens einmal pro Jahr. Nutzen Sie eine digitale Waage mit 0,1 kg Genauigkeit.
  2. Notieren Sie das Gewicht in kg und Pfund - und legen Sie es an den Kühlschrank.
  3. Ersetzen Sie alle Küchenspoons durch eine medizinische Spritze. Kaufen Sie zwei - eine für Paracetamol, eine für Ibuprofen.
  4. Prüfen Sie jedes Medikament auf Konzentration (mg/mL) und ob Gewichtsangaben vorhanden sind.
  5. Reden Sie mit dem Apotheker - nicht nur beim ersten Mal. Fragen Sie: „Welche Dosis passt zu meinem Kind, wenn es X kg wiegt?“

Diese fünf Schritte kosten keine Zeit - sie retten sie. Sie retten auch Ihr eigenes Gefühl der Kontrolle. Denn wenn Sie wissen, was auf dem Etikett steht, dann sind Sie nicht mehr hilflos. Sie sind die sicherste Person für Ihr Kind - und das ist mehr als nur eine gute Eltern-Regel. Das ist medizinische Sicherheit.

Wann Sie einen Apotheker hinzuziehen sollten

Ein Apotheker ist nicht nur derjenige, der die Flasche aushändigt. Er ist Ihr Sicherheitsnetz. In Deutschland erhalten 93 % der Eltern bei der Abholung eines neuen Kindermedikaments eine kurze Beratung - meistens nur 4 Minuten. Aber diese 4 Minuten sind wertvoll.

Wenn Sie:

  • die Konzentration nicht verstehen
  • zwei Medikamente gleichzeitig geben müssen
  • ein Kind mit chronischer Krankheit haben
  • ein Medikament von einer anderen Person bekommen haben

- dann sagen Sie einfach: „Können Sie mir bitte zeigen, wie viel ich für mein Kind mit X kg geben muss?“

Manche Apotheken zeichnen sogar Linien auf die Spritze. Das ist kein Extra-Service - das ist Standard. Nutzen Sie ihn. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass Sie „dumm“ wirken. Die meisten Fehler passieren, weil Eltern Angst haben, Fragen zu stellen. Fragen Sie. Immer.

Was sich in Zukunft ändern wird

Die Industrie verändert sich langsam. Seit 2023 müssen alle OTC-Kindermedikamente in den USA sowohl Alter als auch Gewicht angeben. In Europa folgt man demselben Weg. Neue Etiketten haben QR-Codes - scannen Sie sie. Sie führen zu kurzen Videos, die zeigen, wie man misst. Einige Flaschen haben jetzt Smart-Caps, die aufzeichnen, wann das Medikament gegeben wurde. Das ist noch Pilotphase, aber es zeigt: Es wird ernst genommen.

Die Weltgesundheitsorganisation hat 2022 Richtlinien veröffentlicht, die 127 Länder übernommen haben. Die Botschaft ist klar: Kindermedikamente dürfen nicht wie Erwachsenenmedikamente behandelt werden. Sie brauchen eigene Regeln. Und diese Regeln müssen sichtbar, einfach und sicher sein.

Was Sie jetzt tun können

Heute. Sofort. Gehen Sie in Ihr Medikamentenregal. Suchen Sie die Flaschen mit Kindermedikamenten. Schauen Sie auf die Konzentration. Prüfen Sie, ob Gewichtsangaben da sind. Wenn nicht - werfen Sie sie nicht weg. Bringen Sie sie zur Apotheke. Fragen Sie: „Ist das noch sicher?“

Und wenn Sie ein neues Medikament bekommen - fragen Sie nicht nur „Wie viel?“, sondern: „Wie viel für mein Kind, wenn es 14 kg wiegt?“

Das ist der Unterschied zwischen einem Elternteil, der sich verlässt - und einem Elternteil, der sicher ist.

Darf ich Kindermedikamente nach Alter dosieren, wenn ich das Gewicht nicht kenne?

Ja, aber nur als Notlösung. Alter ist ein grober Anhaltspunkt, aber kein genaues Maß. Ein Kind mit 10 kg und ein Kind mit 20 kg - beide im Alter von 4 Jahren - brauchen unterschiedliche Dosen. Wenn Sie das Gewicht nicht kennen, wählen Sie die niedrigere Dosis der Altersgruppe und konsultieren Sie so schnell wie möglich einen Arzt oder Apotheker, um das Gewicht zu bestimmen.

Warum ist die Konzentration auf dem Etikett so wichtig?

Weil zwei Medikamente mit demselben Wirkstoff (z. B. Paracetamol) unterschiedliche Konzentrationen haben können. Früher gab es „Infant Drops“ mit 80 mg/ml und „Children’s Liquid“ mit 32 mg/ml. Heute ist fast alles auf 160 mg/5 mL (also 32 mg/ml) standardisiert. Aber wenn Sie alte Flaschen verwenden oder ein Medikament von jemand anderem bekommen, kann eine falsche Konzentration zu einer dreifachen oder vierfachen Überdosis führen. Deshalb: Immer die Zahl nach „mg/mL“ prüfen - nicht nur den Namen.

Kann ich einen Küchenspoon verwenden, wenn ich keine Spritze habe?

Nein. Küchenspoons sind ungenau - und gefährlich. Ein Teelöffel kann zwischen 3 und 7 Milliliter fassen. Eine medizinische Spritze misst auf 0,1 ml genau. Selbst wenn Sie glauben, Sie wissen, wie viel ein Teelöffel ist: Sie irren sich. Kaufen Sie eine Spritze für unter 2 Euro. Sie ist die sicherste Investition, die Sie für Ihre Kinder machen können.

Was ist der Unterschied zwischen mg und mL?

mg (Milligramm) ist die Menge des Wirkstoffs - also wie viel Paracetamol oder Ibuprofen enthalten ist. mL (Milliliter) ist das Volumen der Flüssigkeit. Die Dosierung hängt von beiden ab: Sie brauchen eine bestimmte Menge an Wirkstoff (mg), die in einer bestimmten Flüssigkeitsmenge (mL) enthalten ist. Deshalb muss man rechnen: „Wie viel mL enthalten 150 mg?“ - und nicht: „Wie viel mL gibt man einem 5-Jährigen?“

Was tun, wenn mein Kind eine Dosis verpasst hat?

Wenn Sie eine Dosis verpasst haben, geben Sie sie nicht einfach nach, wenn es fast Zeit für die nächste ist. Wenn es weniger als 2 Stunden bis zur nächsten Dosis sind, überspringen Sie die verpasste Dosis. Geben Sie dann die nächste Dosis zur regulären Zeit. Niemals doppelt geben, um „nachzuholen“. Das erhöht das Risiko einer Überdosis. Fragen Sie bei Unsicherheit immer Ihren Arzt oder Apotheker.

Gibt es Apps, die mir bei der Dosierung helfen?

Ja. Die American Academy of Pediatrics hat eine kostenlose App namens „Safe Dosage Calculator“, die in Deutschland auch funktioniert. Sie fragt nach Gewicht, Alter und Medikament - und berechnet die Dosis. Es gibt auch deutsche Apps wie „Medikamentenplaner Kinder“ von der Bundesapothekerkammer. Nutzen Sie sie - aber immer mit dem Etikett abgleichen. Die App ist ein Hilfsmittel, kein Ersatz für das Lesen der Packungsbeilage.