Cyproteronacetat und Stillen: Wichtige Informationen für Betroffene

Cyproteronacetat und Stillen: Wichtige Informationen für Betroffene

Nov, 2 2025

Cyproteronacetat wird oft bei Hormonstörungen, Akne oder als Teil einer Geschlechtsangleichungstherapie verschrieben. Doch was passiert, wenn du stillen möchtest oder bereits stillst? Viele Frauen fragen sich: Kann Cyproteronacetat die Milchproduktion beeinflussen? Ist es sicher für das Baby? Die Antwort ist nicht einfach - und sie hängt von vielen Faktoren ab.

Was ist Cyproteronacetat?

Cyproteronacetat ist ein synthetisches Hormon, das hauptsächlich als Antiandrogen wirkt. Es blockiert die Wirkung von Testosteron im Körper und senkt gleichzeitig die Produktion von männlichen Hormonen. Es wird in Tablettenform verabreicht und ist in Deutschland unter Markennamen wie Androcur® erhältlich. Die Wirkung ist stark - und das macht es auch potenziell riskant, besonders in der Schwangerschaft oder während des Stillens.

Es wird nicht nur bei Männern mit Prostatakrebs eingesetzt, sondern auch bei Frauen mit übermäßiger Haarwuchs, Akne oder Polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS). Bei transgeschlechtlichen Frauen ist es ein zentraler Bestandteil der Hormonersatztherapie, um die männlichen Hormone zu unterdrücken und weibliche Merkmale zu fördern.

Wie wirkt Cyproteronacetat auf die Milchproduktion?

Die Milchproduktion wird von Prolaktin gesteuert - einem Hormon, das die Brustdrüsen anregt, Milch zu bilden. Cyproteronacetat hat eine direkte Wirkung auf das Hormonsystem, und hier liegt das Problem: Es kann die Prolaktinproduktion erhöhen. Das klingt erstmal gut, oder? Mehr Prolaktin = mehr Milch. Aber das ist nicht so einfach.

Studien zeigen, dass Cyproteronacetat bei einigen Frauen zu einer unerwünschten Milchproduktion führt, selbst wenn sie nicht schwanger oder geboren haben. Dieser Zustand heißt Galaktorrhoe. Bei anderen Frauen dagegen unterdrückt es die Milchbildung, weil es die Empfindlichkeit der Brustdrüsen gegenüber Prolaktin verändert. Es gibt keine einheitliche Reaktion - jeder Körper reagiert anders.

Ein Fallbericht aus dem Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism beschreibt eine Frau, die nach 14 Tagen Einnahme von Cyproteronacetat spontan Milch absonderte - obwohl sie drei Jahre nach der Geburt ihres Kindes war. Ein anderes Beispiel aus der Praxis: Eine transgeschlechtliche Frau, die mit Cyproteronacetat begann, bemerkte nach zwei Monaten, dass ihre Milchproduktion stark abnahm, obwohl sie zuvor erfolgreich gestillt hatte.

Ist Cyproteronacetat während des Stillens sicher?

Die offiziellen Produktinformationen von Androcur® warnen ausdrücklich davor, das Medikament während des Stillens einzunehmen. Warum? Weil es in die Muttermilch übergeht. Obwohl die genaue Menge, die das Baby aufnimmt, nicht genau bekannt ist, ist klar: Hormone wirken im Körper des Säuglings sehr sensibel.

Ein Neugeborenes hat ein noch nicht voll ausgereiftes Hormonsystem. Selbst kleine Mengen von synthetischen Hormonen können zu unerwünschten Effekten führen: Veränderungen der Hormonspiegel, Störungen der Entwicklung der Geschlechtsorgane oder sogar vorzeitige Pubertät bei Mädchen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) stuft Cyproteronacetat als Kontraindikation während der Stillzeit ein - das bedeutet: Es sollte nicht genommen werden.

Es gibt keine Langzeitstudien, die die Auswirkungen von Cyproteronacetat in der Muttermilch auf Säuglinge über Jahre hinweg untersucht haben. Das ist kein Mangel an Interesse - das ist eine bewusste Vorsicht. Wenn du stillst, ist das Risiko nicht nur theoretisch. Es ist real.

Geteilte Szene: Transfrau nimmt Medikament, Baby zeigt hormonelle Veränderungen.

Was tun, wenn du Cyproteronacetat nimmst und stillen möchtest?

Du stehst vor einer schwierigen Entscheidung. Auf der einen Seite möchtest du dein Kind stillen - eine Erfahrung, die viele Frauen als tief persönlich und bindend empfinden. Auf der anderen Seite brauchst du das Medikament, um deine Gesundheit zu schützen - sei es wegen Akne, Hirsutismus oder Geschlechtsangleichung.

Du hast drei Optionen:

  1. Stillen einstellen und Cyproteronacetat weiternehmen. Das ist die sicherste Variante für dein Kind. Die Milchproduktion wird nach und nach zurückgehen - du kannst das mit abpumpen oder natürlicher Abstillung unterstützen. Viele Frauen berichten, dass sie sich emotional schwer tun, aber die Sicherheit des Babys steht im Vordergrund.
  2. Cyproteronacetat absetzen und stillen. Wenn deine Erkrankung nicht lebensbedrohlich ist, kannst du mit deinem Arzt besprechen, ob du das Medikament pausierst. Bei Akne oder PCOS gibt es oft alternative Behandlungen wie topische Cremes, Antibiotika oder andere Hormonpräparate, die weniger in die Muttermilch übergehen.
  3. Stillen mit begrenzter Einnahme. Manche Ärzte empfehlen, das Medikament direkt nach dem Stillen einzunehmen, damit die Konzentration in der Milch beim nächsten Stillen möglichst niedrig ist. Das ist jedoch keine empfohlene Praxis - es ist eine Risikoabschätzung, die nur in Ausnahmefällen und mit engem Monitoring erfolgen sollte.

Wichtig: Du solltest niemals selbst entscheiden, ob du das Medikament absetzt oder weiternimmst. Sprich mit deinem Gynäkologen, Endokrinologen oder einer Stillberaterin. Gemeinsam kannst du abwägen: Wie stark ist deine Erkrankung? Wie wichtig ist das Stillen für dich und dein Kind? Gibt es sichere Alternativen?

Alternativen zu Cyproteronacetat während des Stillens

Wenn du stillen möchtest, gibt es andere Wege, deine Beschwerden zu behandeln. Für Akne können topische Retinoide wie Adapalene oder Benzoylperoxid verwendet werden - sie werden kaum in die Blutbahn aufgenommen und gelangen kaum in die Muttermilch. Antibiotika wie Erythromycin oder Cephalexin sind ebenfalls stilltauglich.

Bei Hirsutismus oder PCOS kann Metformin eine Option sein - es verbessert die Insulinresistenz und senkt indirekt die männlichen Hormone. Es wird auch während des Stillens eingesetzt und gilt als sicher. Bei transgeschlechtlichen Frauen kann Ethinylestradiol in niedriger Dosis mit Spironolacton kombiniert werden - Spironolacton ist zwar nicht vollständig untersucht, aber einige Studien deuten darauf hin, dass es in geringen Mengen in die Muttermilch gelangt und als weniger riskant gilt als Cyproteronacetat.

Es gibt keine perfekte Lösung - aber es gibt mehr als eine Option. Dein Arzt sollte dir nicht nur sagen, was nicht geht, sondern auch: Was geht?

Was passiert, wenn du versehentlich Cyproteronacetat während des Stillens eingenommen hast?

Wenn du ein oder zwei Tabletten versehentlich genommen hast, ist das kein Notfall. Aber du solltest es sofort deinem Arzt oder der Stillberaterin melden. Beobachte dein Kind genau auf folgende Anzeichen:

  • Unruhe, Schreien ohne ersichtlichen Grund
  • Schläfrigkeit oder extreme Müdigkeit
  • Veränderungen im Fressverhalten - zu viel oder zu wenig trinken
  • Hautveränderungen, wie rote Flecken oder Ausschlag
  • Vergrößerung der Brustdrüsen bei Jungen oder Mädchen

Wenn eines dieser Symptome auftritt, geh sofort zum Kinderarzt. Die meisten Nebenwirkungen sind vorübergehend, aber sie sollten nicht ignoriert werden. Die meisten Kinder, die kurzfristig über die Muttermilch mit Cyproteronacetat in Kontakt kamen, entwickelten keine langfristigen Probleme - aber das ist kein Grund, es zu wiederholen.

Frau steht zwischen Medikamenten und Stillen, symbolische Wege und Hormonuhr.

Wie lange nach Absetzen von Cyproteronacetat kannst du wieder stillen?

Cyproteronacetat hat eine Halbwertszeit von etwa 1,5 bis 2 Tagen. Das bedeutet: Nach fünf Tagen ist fast das gesamte Medikament aus deinem Körper verschwunden. Aber das ist nur die Hälfte der Geschichte.

Die Wirkung auf dein Hormonsystem dauert länger. Dein Prolaktinspiegel braucht bis zu zwei Wochen, um sich wieder zu normalisieren. Wenn du nach dem Absetzen des Medikaments wieder stillen möchtest, ist es möglich - aber du musst deine Milchproduktion wieder aufbauen.

Das funktioniert mit häufigem Anlegen, abpumpen und eventuell mit Prolaktin-Steigerern wie Fenugreek oder Domperidon (wenn verschrieben). Es ist mühsam, aber machbar. Viele Frauen, die nach einer Pause wieder stillen wollten, haben erfolgreich ihre Milchmenge wieder aufgebaut - aber es braucht Zeit, Geduld und Unterstützung.

Wie kannst du deine Entscheidung treffen?

Es gibt kein richtig oder falsch. Es gibt nur: Was ist für dich und dein Kind am sichersten? Was ist für deine Gesundheit am notwendigsten?

Frage dich:

  • Wie stark sind meine Beschwerden ohne Cyproteronacetat?
  • Wie wichtig ist das Stillen für mich - und für mein Kind?
  • Welche Alternativen gibt es, die ich ausprobieren könnte?
  • Wie reagiert mein Körper auf andere Medikamente?
  • Wie gut ist meine Unterstützungssituation - Familie, Partner, Stillberaterin?

Manche Frauen entscheiden sich, das Stillen aufzugeben, weil sie das Medikament nicht opfern wollen. Andere entscheiden sich, das Medikament abzusetzen, weil sie das Stillen als zentral für ihre Bindung zum Kind empfinden. Beide Entscheidungen sind valide. Du musst nicht entschuldigen, warum du dich für das eine oder andere entscheidest.

Wo findest du Unterstützung?

Du bist nicht allein. In Deutschland gibt es viele Ressourcen:

  • Stillberatung über die Hebammen oder den Mutter-Kind-Pass
  • Die Deutsche Gesellschaft für Stillen und Ernährung (DGSE)
  • Online-Communities wie Stillen.de oder Stillgruppen auf Facebook
  • Endokrinologen, die sich auf Hormontherapien bei transgeschlechtlichen Personen spezialisiert haben

Wenn du dich unsicher fühlst, hole dir eine zweite Meinung. Ein Arzt, der sich nur mit Hormontherapien auskennt, kennt vielleicht nicht die Feinheiten des Stillens. Und eine Stillberaterin, die nur von Muttermilch spricht, kennt vielleicht nicht die Wirkung von Cyproteronacetat. Du brauchst beide Expertisen.

Kann Cyproteronacetat die Milchproduktion steigern?

Ja, bei einigen Frauen kann Cyproteronacetat die Milchproduktion erhöhen, weil es den Prolaktinspiegel anhebt. Das führt manchmal zu unerwünschter Milchabsonderung, auch wenn keine Schwangerschaft vorliegt. Bei anderen Frauen dagegen unterdrückt es die Milchbildung, weil es die Reaktion der Brustdrüsen auf Prolaktin verändert. Die Wirkung ist individuell und nicht vorhersagbar.

Ist Cyproteronacetat während des Stillens erlaubt?

Nein. Die offiziellen Herstellerinformationen und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) warnen ausdrücklich davor, Cyproteronacetat während des Stillens einzunehmen. Das Medikament gelangt in die Muttermilch und kann das noch empfindliche Hormonsystem des Säuglings beeinflussen. Es gibt keine ausreichenden Sicherheitsdaten für langfristige Auswirkungen.

Welche Medikamente kann ich stattdessen nehmen, wenn ich stillen möchte?

Für Akne sind topische Behandlungen wie Adapalene oder Benzoylperoxid sicher. Bei PCOS kann Metformin helfen, da es die Insulinresistenz senkt und wenig in die Muttermilch übergeht. Bei Geschlechtsangleichung könnte Spironolacton in Kombination mit niedrig dosiertem Östrogen eine Alternative sein - aber nur unter strenger ärztlicher Aufsicht.

Was mache ich, wenn ich versehentlich Cyproteronacetat während des Stillens eingenommen habe?

Melde das sofort deinem Arzt oder der Stillberaterin. Beobachte dein Kind auf Veränderungen wie ungewöhnliche Schläfrigkeit, Verhaltensänderungen, Hautausschlag oder Brustvergrößerung. Ein einmaliger Konsum ist meist kein Notfall, aber wiederholte Einnahmen können Risiken bergen. Vermeide weitere Dosen, bis du mit deinem Arzt gesprochen hast.

Wie lange muss ich warten, nachdem ich Cyproteronacetat abgesetzt habe, um wieder zu stillen?

Das Medikament ist nach 5 Tagen fast vollständig ausgeschieden. Doch dein Hormonhaushalt braucht bis zu zwei Wochen, um sich zu stabilisieren. Danach kannst du versuchen, die Milchproduktion wieder aufzubauen - mit häufigem Anlegen, Abpumpen und gegebenenfalls mit Unterstützung durch Prolaktin-Steigerer wie Fenugreek oder Domperidon (verschreibungspflichtig).

Deine Gesundheit ist wichtig. Dein Kind ist wichtig. Und du hast das Recht, beide zu schützen - ohne Schuldgefühle, ohne Druck, ohne Scham. Die richtige Entscheidung ist nicht die, die andere treffen würden. Die richtige Entscheidung ist die, die du mit deinem Arzt, deinem Körper und deiner Intuition triffst.