Oral-Kortikosteroide bei schwerem Asthma: Wirksame Alternativen

Oral-Kortikosteroide bei schwerem Asthma: Wirksame Alternativen

Nov, 24 2025

Wer schweres Asthma hat, kennt das Gefühl: Ein Anfall kommt, die Luft wird knapp, und plötzlich ist eine Kurzzeitbehandlung mit Oral-Kortikosteroiden die einzige Rettung. Sie wirken schnell, oft Wunder. Aber was danach kommt, ist weniger glorreich. Gewichtszunahme, Diabetes, Knochenverlust, Stimmungsschwankungen, Infektanfälligkeit - die Nebenwirkungen sind nicht nur lästig, sie sind lebensbedrohlich. Und sie kommen nicht erst nach Jahren. Schon nach wenigen Tagen können sie beginnen.

Die wahre Last der Oral-Kortikosteroide

Oral-Kortikosteroide (OCS) sind seit über 70 Jahren das Standardmittel bei schweren Asthma-Exazerbationen. Die GINA-Richtlinien empfehlen für Erwachsene eine Kurzzeittherapie von 5 bis 7 Tagen mit 40-50 mg täglich. Das klingt harmlos. Aber viele Patienten brauchen sie nicht nur gelegentlich. Sie nehmen sie monatelang, manchmal jahrelang - als letzte Sicherheitsnetz, wie es Patienten selbst beschreiben. Ein notwendiges Übel.

Und das Übel ist groß. Eine Studie aus dem Jahr 2025 in Frontiers in Allergy zeigt: 93 % aller Patienten mit schwerem Asthma, die regelmäßig OCS einnehmen, leiden unter mindestens einer schwerwiegenden Nebenwirkung. Osteoporose, Glaukom, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Adrenalin-Mangel - die Liste ist lang. Selbst kurze Kuren unter 30 Tagen können das Risiko für Infektionen erhöhen oder den Blutzucker ansteigen lassen. Langfristig steigt die Sterblichkeitsrate deutlich.

Doch die Kosten sind nicht nur körperlich. In Italien kostet die Behandlung der Nebenwirkungen von OCS pro Patient und Jahr durchschnittlich 1.960 Euro - fast doppelt so viel wie bei Nicht-Asthma-Patienten. Die Medikamente selbst sind billig. Die Folgen sind es nicht. Diese sogenannten „Schattenkosten“ treiben die Gesundheitsausgaben in die Höhe - nicht durch die Pillen, sondern durch Krankenhausaufenthalte, Knochenoperationen, Diabetes-Therapien und Psychiatrie-Behandlungen.

Warum Biologika die Zukunft sind

Es gibt eine Alternative, die nicht nur hilft - sie verändert das Leben. Biologika. Sechs davon sind in Europa zugelassen: Omalizumab, Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab, Dupilumab und Tezepelumab. Sie greifen gezielt in die Entzündungsprozesse ein, die bei etwa 50 bis 70 % der schweren Asthma-Patienten die Ursache sind: die Typ-2-Entzündung.

Ein italienisches Studienprojekt mit 106 Erwachsenen zeigte eindrucksvoll, was das bedeutet. Vor der Behandlung mit Mepolizumab waren 79,2 % der Patienten abhängig von Oral-Kortikosteroiden. Nach einem Jahr lag dieser Wert bei nur noch 31,1 %. Die durchschnittliche tägliche Dosis sank um 4,7 mg. Und die Anzahl der schweren Anfälle - von 4,1 auf 0,8 pro Jahr. Die Krankenhausaufenthalte sanken von 0,4 auf 0,06 pro Patient. Das ist kein kleiner Fortschritt. Das ist eine Revolution.

Dupilumab zeigt ähnliche Ergebnisse. Die American Academy of Family Physicians bestätigt: Bei Patienten, die jahrelang OCS brauchten, reduzierten Biologika nicht nur die Steroid-Dosis - sie verringerten auch die Zahl der lebensbedrohlichen Exazerbationen. Und das ist entscheidend: Diese Medikamente wirken nicht nur, sie verhindern, dass Patienten in die Abhängigkeit geraten.

Warum Biologika nicht überall angeboten werden

Doch warum werden sie nicht für jeden verschrieben? Die Antwort ist einfach: Geld und Zugang.

Biologika sind teuer. Ein Jahr Therapie kostet bis zu 20.000 Euro - ein Vielfaches der Kosten für OCS. Viele Krankenkassen verlangen strenge Nachweise: Blutwerte, Eosinophilenzahlen, FeNO-Werte. Nicht jede Praxis kann das testen. Und nicht jeder Patient hat den Zugang zu einem Spezialzentrum.

Die GINA-Richtlinien von 2025 sagen klar: Biologika gehören in Schritt 5 der Asthma-Therapie - bevor man langfristig OCS verschreibt. Aber in der Praxis läuft es oft anders: Zuerst die Pillen, dann erst, wenn alles andere versagt, die Injektion. Das ist verkehrt. Es ist, als würde man ein Haus mit einem Feuerlöscher retten, statt die Brandursache zu beseitigen.

Die wirtschaftliche Rechnung ist klar: Wer Biologika früh einsetzt, spart langfristig. Weniger Krankenhausaufenthalte, weniger Notfallbesuche, weniger Nebenwirkungen - das bedeutet weniger Kosten für das gesamte Gesundheitssystem. Die Studien zeigen: Der höhere Anfangspreis wird durch die Reduktion der Schattenkosten mehr als ausgeglichen.

Patient wird von einem biologischen Molekül geschützt, während Pillen in Staub zerfallen und die Lunge gesund wird.

Andere Alternativen - und warum sie nicht reichen

Es gibt andere Ansätze - aber sie sind keine echten Ersatzlösungen.

Die Bronchialthermoplastie: Eine invasive Prozedur, bei der mit Radiofrequenzen die Muskelzellen in den Atemwegen verkleinert werden. Sie kann bei einigen schweren Asthma-Patienten die Lebensqualität verbessern. Aber: In den ersten sechs Wochen nach der Behandlung steigt das Risiko für Atemnot und Exazerbationen. Sie ist nur für wenige geeignet - und nur, wenn alle anderen Optionen versagt haben.

Vitamin D? Eine häufige Hoffnung. Aber mehrere Studien, einschließlich einer 2021er Analyse der AAFP, zeigen: Auch bei schwerem Mangel hilft eine hohe Dosis Vitamin D3 nicht dabei, Asthma-Anfälle zu verhindern. Es verändert nichts an der zugrundeliegenden Entzündung.

Andere Nahrungsergänzungen - Omega-3, Kurkuma, Quercetin - haben in Studien keine klinisch relevante Wirkung gezeigt. Sie sind kein Ersatz für eine gezielte Therapie.

Wie man sicher von Kortikosteroiden herunterkommt

Wenn ein Patient jahrelang OCS genommen hat, kann man sie nicht einfach absetzen. Der Körper hat sich angepasst. Die Nebennieren haben aufgehört, Cortisol selbst zu produzieren. Ein plötzliches Absetzen kann lebensgefährlich sein - mit Schock, Nierenversagen, Bewusstlosigkeit.

Das Absetzen muss langsam, kontrolliert und unter ärztlicher Aufsicht geschehen. Die EOS Network empfiehlt: Keine Standardprotokolle. Jeder Patient braucht einen individuellen Plan. Meist beginnt man mit einer Reduktion von 1-2,5 mg pro Monat - je nach Ausgangsdosis und Gesundheitszustand. Parallel wird das Biologikum gestartet. Dann wird abgewartet: Sinken die Exazerbationen? Bleibt die Lungenfunktion stabil? Wird die Dosis weiter reduziert, bis sie ganz entfällt.

Das ist kein schneller Prozess. Es dauert Monate. Manchmal Jahre. Aber es ist möglich. Und es ist wertvoll. Patienten, die es geschafft haben, berichten: Sie schlafen wieder besser. Sie haben keine Angst mehr vor Gewichtszunahme. Sie fühlen sich wieder wie Menschen - nicht wie Patienten, die von Pillen abhängig sind.

Waage mit teurem Biologikum gegen Berg aus Pillen und Krankenhausaufenthalten – Patient zieht sie zum Gleichgewicht.

Was sich ändern muss

Die Medizin hat die Lösung. Die Technik ist da. Die Daten sind da. Aber das System hinkt hinterher.

Erstens: Die Diagnostik von Typ-2-Entzündung muss einfacher und zugänglicher werden. Bluttests, FeNO-Messungen - sie sollten in jeder Asthma-Sprechstunde möglich sein, nicht nur in Spezialkliniken.

Zweitens: Die Finanzierung. Die jüngste Ankündigung von drei Inhaler-Herstellern, die Kosten für Inhalatoren auf 35 US-Dollar pro Monat zu begrenzen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber sie gilt nur für Privatversicherte. Wer in Deutschland gesetzlich versichert ist, hat oft noch höhere Zuzahlungen. Biologika sind für viele unerschwinglich - nicht weil sie teuer sind, sondern weil das System sie nicht abdeckt.

Drittens: Die Leitlinien müssen endlich umgesetzt werden. GINA sagt: Biologika vor OCS. Aber in der Praxis ist es oft umgekehrt. Das muss sich ändern. Ärzte brauchen Schulungen, Patienten brauchen Aufklärung, Krankenkassen brauchen Mut, in die Zukunft zu investieren.

Was Patienten tun können

Wenn du schweres Asthma hast und regelmäßig OCS nimmst:

  • Frage deinen Arzt: „Ist meine Asthma-Kontrolle wirklich schlecht - oder bin ich nur abhängig von Steroiden?“
  • Frage nach einem Bluttest auf Eosinophile und FeNO-Werte - das zeigt, ob du für Biologika in Frage kommst.
  • Frage: „Was passiert, wenn ich weiterhin OCS nehme? Welche Risiken habe ich in 5 Jahren?“
  • Frage: „Gibt es eine Möglichkeit, die Dosis zu reduzieren - und was brauche ich dafür?“

Du musst nicht alles allein schaffen. Aber du musst fragen. Du hast das Recht, nicht nur zu überleben - sondern zu leben. Ohne die Angst vor Nebenwirkungen. Ohne die Abhängigkeit von Pillen, die dein Leben langsam zerstören.

Die Zeit der Oral-Kortikosteroide als Dauerlösung ist vorbei. Die Zukunft ist gezielt. Die Zukunft ist biologisch. Und sie ist schon da - wenn man sie nur nutzt.

Wie lange dauert es, von Oral-Kortikosteroiden abzusetzen?

Das Absetzen von Oral-Kortikosteroiden dauert in der Regel mehrere Monate bis zu zwei Jahren, je nach Dauer und Dosis der vorherigen Einnahme. Eine zu schnelle Reduktion kann zu einem Adrenalin-Mangel führen, der lebensbedrohlich ist. Typisch ist eine Reduktion von 1 bis 2,5 mg pro Monat, begleitet von der Einführung eines Biologikums. Die gesamte Prozedur muss unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, mit regelmäßigen Kontrollen der Lungenfunktion und Entzündungswerten.

Können Biologika Asthma heilen?

Nein, Biologika heilen Asthma nicht. Sie kontrollieren die zugrundeliegende Typ-2-Entzündung, die bei vielen schweren Asthma-Fällen die Hauptursache ist. Dadurch sinken die Anfälle, die Notwendigkeit für Kortikosteroide und die Krankenhausaufenthalte. Die Lungenfunktion stabilisiert sich, die Lebensqualität verbessert sich deutlich - aber die Erkrankung bleibt bestehen. Die Therapie ist lebenslang, wenn die Entzündung weiterhin aktiv ist.

Welche Blutwerte zeigen an, ob ich für Biologika geeignet bin?

Wichtig sind drei Werte: Die Anzahl der Eosinophile im Blut (idealerweise über 150 Zellen/µl), der FeNO-Wert (Exhalations-Nitric-Oxid, über 25 ppb bei Erwachsenen) und der Gesamt-IgE-Spiegel (besonders bei Omalizumab). Diese Marker zeigen an, ob deine Asthma-Entzündung vom Typ 2 ist - und damit, ob Biologika wirken können. Nicht alle Asthma-Patienten haben diesen Typ, aber etwa 50-70 % schon.

Warum helfen Vitamin D oder andere Nahrungsergänzungen nicht?

Studien haben wiederholt gezeigt, dass Vitamin D, Omega-3 oder andere Nahrungsergänzungen die Häufigkeit oder Schwere von Asthma-Anfällen nicht signifikant reduzieren - selbst bei schwerem Mangel. Sie beeinflussen nicht die zugrundeliegende Entzündung, die durch Immunzellen wie Eosinophile und Th2-Zellen angetrieben wird. Biologika dagegen greifen gezielt in diese Prozesse ein. Nahrungsergänzungen können die Gesundheit unterstützen, aber sie sind kein Ersatz für eine gezielte medikamentöse Therapie.

Ist die Bronchialthermoplastie eine gute Alternative zu Biologika?

Nein, nicht für die meisten Patienten. Die Bronchialthermoplastie ist eine invasive Prozedur, die nur bei sehr schwerem Asthma in Betracht gezogen wird - und nur, wenn alle Medikamente versagt haben. Sie erhöht kurzfristig das Risiko für Atemnot und Exazerbationen. Biologika sind wirksamer, sicherer und nicht-invasiv. Sie wirken systemisch und verändern die Krankheitsaktivität langfristig. Die Thermoplastie ist eine letzte Option, keine Alternative.

Warum werden Biologika nicht öfter verschrieben, wenn sie so wirksam sind?

Zwei Hauptgründe: Kosten und Zugang. Biologika sind teuer - bis zu 20.000 Euro pro Jahr. Viele Krankenkassen verlangen strenge Nachweise, bevor sie zahlen. Außerdem braucht man spezielle Labore und Ärzte, die die Diagnostik durchführen können. In vielen Regionen gibt es keine Spezialisten, die Biologika verordnen. Das System ist noch nicht darauf vorbereitet, diese Therapie flächendeckend anzubieten - obwohl die medizinische Notwendigkeit klar ist.